Wer vom Jobcenter zugewiesene Langzeitarbeitslose in einem sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnis einstellt, kann über den § 16i SGB II Förderung erhalten. „Eigentlich ein gutes Instrument, von dem beide Seiten profitieren. Aber es hakt in der Umsetzung“, so Woltering. Ohnehin werden nur 4 Prozent der Langzeitleistungsbeziehenden überhaupt erreicht. Und wer ist das? Die Statistik der Bundesagentur für Arbeit belegt, dass deutsche Männer am meisten von dem Förderinstrument § 16 I SGB II profitieren. Mehr als die Hälfte der Langzeitleistungs-beziehenden sind jedoch Frauen (52,4 %). In der Gruppe der Geförderten wird deutlich, dass es hier im Jahr 2021 lediglich 36,7% waren, also nur rund ein Drittel. „Woran liegt das? Warum bekommen überwiegend deutsche Männer eine Förderung, die auf Grund ihrer Voraussetzungen ohnehin eine bessere Chance auf dem Arbeitsmarkt haben?“, fragt Woltering. Denn der Blick in die Statistik zeigt: Bei Menschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit ist die Diskrepanz noch verheerender als bei den Frauen. Ihr Anteil unter den Leistungsbeziehenden liegt bei 42 %. Unter den vom Jobcenter den Unternehmen zugewiesenen Menschen, sind sie mit einem Anteil von 15,7 % in der Förderung deutlich unterrepräsentiert.
Teilzeit, Kinderbetreuung oder Sprachförderung müssen mitgedacht und Teil des Programms werden, so die Forderung der Freien Wohlfahrtspflege NRW. „Es gibt Nachbesserungsbedarf! Ein Förderprogramm mit so viel Potential muss alle Menschen mitnehmen, unabhängig von Geschlecht oder Herkunft“, fordert Woltering. Kritisch sieht der Vorsitzende der Freien Wohlfahrtspflege NRW auch die Dauer der Arbeitslosigkeit von mindestens sechs Jahren innerhalb der letzten sieben Jahre als Grundvoraussetzung. Dies müsse dringend deutlich verkürzt werden, zumal Zeiten wie Inhaftierung, Arbeitslosengeld I-Bezug oder Beschäftigung im Bundesfreiwilligendienst nicht einmal mitzählen.
„Je länger Arbeitslosigkeit dauert, desto schwieriger ist es, den Weg herauszufinden. Warum müssen Menschen erst sechs Jahre arbeitslos sein, damit sie eine Förderung erhalten können, die eine wirkliche Chance bietet, auf dem Arbeitsmarkt wieder Fuß zu fassen“, so Woltering. „Es ist gesellschaftlich sinnvoller und volkswirtschaftlich auch günstiger, die Förderung viel früher einzusetzen, damit über Jahre verfestigte Arbeits- und Hoffnungslosigkeit erst gar nicht entsteht und im Umkehrschluss vorhandene berufliche Kenntnisse nicht gänzlich verloren gehen.“
Hintergrundinformationen
Der Arbeitslosenreport NRW: Regionale Zahlen online verfügbar
Der Arbeitslosenreport NRW ist ein Kooperationsprojekt der Freien Wohlfahrtspflege NRW mit dem Institut Arbeit und Qualifikation der Universität Duisburg-Essen. Er erscheint mehrmals jährlich. Basis sind Daten der offiziellen Arbeitsmarktstatistik der Bundesagentur für Arbeit. Hinzu kommen Kennzahlen zu Unterbeschäftigung, Langzeitarbeitslosigkeit und zur Zahl der Personen in Bedarfsgemeinschaften, um längerfristige Entwicklungen sichtbar zu machen. Der Arbeitslosenreport NRW sowie Datenblätter mit regionalen Zahlen können im Internet heruntergeladen werden.
www.arbeitslosenreport-nrw.de
Die Freie Wohlfahrtspflege in NRW
In der Arbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege NRW haben sich die Arbeiterwohlfahrt, Caritas, der Paritätische, das Deutsche Rote Kreuz, die Diakonischen Werke und Jüdischen Gemeinden mit ihren 16 Spitzenverbänden zusammengeschlossen. Die Freie Wohlfahrtspflege NRW weist auf soziale Missstände hin, initiiert neue soziale Dienste und wirkt an der Sozialgesetzgebung mit. Mit ihren Einrichtungen und Diensten bieten sie eine flächendeckende Infrastruktur der Unterstützung für alle, vor allem aber für benachteiligte und hilfebedürftige Menschen an. Ziel der Arbeit der Freien Wohlfahrtspflege NRW ist die Weiterentwicklung der sozialen Arbeit in Nordrhein-Westfalen und die Sicherung bestehender Angebote.
www.freiewohlfahrtspflege-nrw.de