Es ist ein schleichender Verfall, der ihren Mann ergriffen hat: Seit zehn Jahren pflegt Petra Müller ihren an Demenz erkrankten Mann, richtet ihr Leben nach seinen Bedürfnissen aus. „Das braucht viel Kraft“, bekennt sie. Dankbar ist sie, dass sie Erholung und neue Energie in einer Kur für pflegende Angehörige schöpfen konnte. „Das kann ich jedem in einer ähnlichen Lage nur dringend empfehlen“, sagt sie. „Zumal die Kurberatung bei dem Antrag hilft.“
Als Petra Müllers Mann, ein Handwerker mit eigenem Betrieb, in den Ruhestand ging, begannen die Einschränkungen. „Die Demenz kam schleichend“, berichtet sie. Der Alltag wurde immer mehr von der Krankheit ihres Mannes bestimmt. Seit drei Jahren spricht er nicht mehr, baut stetig ab und zeigt keine Emotionen mehr. „Er kann nichts mehr selbst machen.“ Als Petra Müller von der Möglichkeit einer Kur für pflegende Angehörige hörte, war sie sich sicher: „Nur, wenn ich meinen Mann mitnehmen kann.“ In Winterberg fand sie eine Klinik der AWO, wo das möglich ist. In einem Appartement lebte sie mit ihrem Mann zusammen, tagsüber wurde er in der Tagesbetreuung versorgt, während sie bei den Therapie-Maßnahmen Entspannung und Erholung fand.
Geholfen hat ihr die Kurberatung für pflegende Angehörige. „Ich wusste gar nicht, dass es so etwas gibt“, sagt die 68-Jährige. Die Beratungsstelle half ihr mit dem Antrag. Auch bei Schwierigkeiten steht die Kurberatung zur Seite. „Wenn der Antrag einmal abgelehnt wird: Nicht nachgeben“, lautet ihr Rat an pflegende Angehörige. „Selbst wenn man ein perfektes Umfeld mit der Familie und viel Hilfe hat: Einmal ganz rauszukommen und Abstand zu gewinnen bringt so viel Erholung und neue Kraft“, schwärmt sie.
Projekt „Kurberatung für pflegende Angehörige“
Pflegenden Angehörigen ist häufig nicht bekannt, dass sie eine Kur – eine stationäre Vorsorge- und Rehamaßnahme – in Anspruch nehmen können, um ihre Gesundheit und Pflegefähigkeit zu erhalten. Die medizinische Maßnahme dient der körperlichen und seelischen Stärkung und berücksichtigt die individuelle Situation der Pflegenden. Deren Belastung – sei es körperlich, psychisch, finanziell oder sozial – werde oft unterschätzt, auch von den Betroffenen selbst, erklärt Verena Ising-Volmer, Sprecherin des Fachausschusses Müttergenesung in der Landesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege in NRW.
Mit dem Projekt „Kurberatung für pflegende Angehörige“ wurden in Nordrhein-Westfalen die Wohlfahrtsverbände mit ihrem flächendeckenden Netz von 100 Kurberatungsstellen mit ins Boot geholt. Eigens für dieses Projekt geschulte Beratungskräfte können pflegebedürftigen Angehörigen passgenaue Angebote machen, sei es um allein eine Kur anzutreten oder gemeinsam mit dem Pflegbedürftigen. Der Vorteil: Die Beratungsstellen sind gut vernetzt, so dass kurze Wege zu flankierenden Hilfen wie etwa Kurzzeitpflege-Einrichtungen bestehen. Das Projekt wird vollständig gefördert vom Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen.
„In unserer Beratungsstelle erhalten Sie Informationen zu allen Fragen der Beantragung einer Kur, zur Klärung der Versorgung Ihres pflegebedürftigen Angehörigen und zur Auswahl der Wunsch-Klinik“, verspricht Verena Ising-Volmer. „Das sollten Betroffene unbedingt machen“, sagt auch Petra Müller aus ihrer Erfahrung. „Hinterher geht man ganz anders mit der schwierigen Situation um.“
Information:
Die nächste Kurberatungsstelle und weitere Infos sind zu finden unter: www.kuren-fuer-pflegende-angehoerige.de – oder telefonisch unter 05251 209 230.
Die Landesarbeitsgemeinschaft Freie Wohlfahrtspflege in Nordrhein-Westfalen bietet mit der AWO, Caritas, Deutsches Rotes Kreuz und Diakonie 100 Kurberatungsstellen für pflegende Angehörige in NRW an.
Das Projekt „Zeit und Erholung für mich – Kurberatung für pflegende Angehörige“ wird vom Caritasverband für das Erzbistum Paderborn e.V. in Kooperation mit der AW Kur und Erholungs GmbH, Tochtergesellschaft des AWO Bezirksverbandes Westliches Westfalen e.V. umgesetzt. Wichtige Zusammenarbeit findet mit der Landesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege statt. Das Projekt wird vollständig gefördert vom Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen.