Münster/Dortmund. Zehn Jahre nach der Rahmenempfehlung „Behandlungspflege in stationären Einrichtungen der Behindertenhilfe“ für Nordrhein-Westfalen und sieben Jahre nach der Entwicklung der „Leitlinien für stationäre Einrichtungen“ für den Bund zogen fünf der sechs nordrhein-westfälischen Fachverbände, Arbeiterwohlfahrt, Caritas, Paritätischer, Deutsches Rotes Kreuz und die Diakonie, auf der gemeinsamen Fachtagung „Teilhabe ist möglich – Pflege für Menschen in stationären Einrichtungen der Eingliederungshilfe“ mit rund 250 Teilnehmern in Dortmund Bilanz.
Damit Menschen mit Behinderung am gesellschaftlichen Leben teilhaben können, ist die Pflege ein wichtiger Bestandteil der Eingliederungshilfe. Bedingt durch historische Ereignisse sammelt die Behindertenhilfe erst jetzt Erfahrungen in der Pflege von Menschen mit Behinderung im Alter und sichert so ihre Teilhabe. „Wir sollten mit den regionalen Anbietern der Altenpflege zusammenarbeiten und uns austauschen“, sagte Prof. Dr. Sabine Schäper, Theologin und Sozialpädagogin von der Katholischen Hochschule NRW Münster. Für eine „sinnvolle Sache“ hält sie die Entwicklung von eigenen Expertenstandards für die Pflege in Einrichtungen der Eingliederungshilfe.
Eine zukünftige Herausforderung sieht Prof. Dr. Michael Seidel, ehemals Ärztlicher Direktor im Stiftungsbereich Bethel.regional der v. Bodelschwinghschen Stiftung Bethel, darin, die Eingliederungshilfe als Nachteilsausgleich für Menschen mit Behinderung zu sichern.
Die Fachanwältin für Sozialrecht Heike Brüning-Tyrell geht davon aus, dass im Bereich der Pflege durch das sich in Planung befindende Bundesteilhabegesetz und Pflegestärkungsgesetz II die Eingliederungshilfe nur noch als Fachleistung angesehen wird. Dadurch sei eine Modifizierung des § 43a SGB XI durch die Länder gefordert. „Abrechenbare Pflegeleistungen müssen auch in Einrichtungen der Eingliederungshilfe möglich gemacht werden“, so Brüning-Tyrell in ihrem Vortrag.
Über die in Deutschland noch neue Disziplin Pflegewissenschaft informierte Pflegewissenschaftlerin Dr. Christine Riesner. Behindertenpädagogik und Pflegewissenschaft begegnen sich und haben durchaus gemeinsame Themen. Sie erklärte, Pflege in der Eingliederungshilfe sei zwar ein „altes Thema“, aber bedingt durch die UN-Behindertenrechtskonvention ist ein „Umdenken in der Ausbildung“ nötig. Pädagogische Konzepte müssen weiterentwickelt werden. „Vor allem die Heilpädagogik muss sich in der Arbeit mit alten Menschen weiterentwickeln“, sagte Riesner.
Teilhabe von Menschen mit Behinderung ist möglich, allerdings müssen Rahmenbedingungen im Sinne der UN-Behindertenrechtskonvention entsprechend gestaltet werden, das heißt Barrieren abgebaut und Zugangsvoraussetzungen zu allen Leistungen und Hilfen abgebaut werden.