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Arbeitsgemeinschaft der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege des Landes Nordrhein-Westfalen e. V. | Detail

„Black Week“ in NRW – Black Friday in Münster!

Demonstration der Caritas und der Freien Wohlfahrtsverbände verdeutlicht aktuellen Eskalationsstatus im Sozialwesen

Münster, 14.06.2024.

Knappe drei Monate sind seit der letzten Demonstration der Diözesan-Caritasverbände Essen, Münster und Paderborn vor dem Landeshaus des Landschaftsverbands Westfalen-Lippe (LWL) vergangen, rund 500 Mitarbeitende der Caritas haben sich an dem Protestmarsch am 22. März beteiligt, eine Resolution wurde an den Vorsitzenden der Landschaftsversammlung Westfalen-Lippe, Klaus Baumann überreicht. Passiert ist seitdem, im Ergebnis: Wenig bis nichts, denn die geforderten wirtschaftlich auskömmlichen Pauschalangebote sind nicht umgesetzt.

Die überreichte Resolution stellte die kritische Situation in der Altenhilfe, bedingt durch erhebliche Bürokratie und einen massiven Bearbeitungsstau bei Entgeltverhandlungen zwischen LWL und Trägerlandschaft dar und forderte sofortige Maßnahmen, um den Verhandlungsprozess zu beschleunigen und die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Der Landschaftsausschuss des LWL wurde aufgefordert, die Bürokratie zukunftsfähig und grundlegend zu verschlanken und gemeinsam mit Leistungserbringern auf eine effektive Lösung hinzuwirken. Die Resolution wies dabei besonders auf die Dringlichkeit hin, um eine weitere Verschärfung der finanziellen und personellen Lage in der Altenhilfe zu verhindern.

Der aktuelle Bearbeitungsstau bei den Entgeltverhandlungen führt zu einer wachsenden Liquiditätslücke in vielen Einrichtungen. "Wenn der LWL nicht bald ein auskömmliches Angebot für ein vereinfachtes Verfahren vorlegt, werden im schlimmsten Fall Einrichtungen insolvent gehen, weil die Kosten der Pflege nach wie vor nicht gedeckt sind", befürchtet Stefanie Siebelhoff, Direktorin für den Caritasverband im Bistum Essen. Veraltete Entgelte und steigende Personal- sowie Sachkosten verschärfen die finanzielle Situation. Die Aufnahme von Bewohnern ohne transparente Kostenangabe sorgt für Unsicherheit, sowohl auf Seiten der Einrichtungen als auch bei den Kunden. Bewohnerinnen und Bewohner wissen oft nicht, welche Kosten tatsächlich für ihren Platz anfallen. Darüber hinaus fehlt es zunehmend an Personal, das sich um die Verwaltung der Entgeltverhandlungen kümmern kann. Diese Ressourcenknappheit wirkt sich negativ auf andere wichtige Aufgaben aus.

"Die fortwährende Hinhaltetaktik in den Entgeltverhandlungen ist inakzeptabel", verdeutlicht auch Dominique Hopfenzitz, Direktor der Caritas im Bistum Münster. "Die Träger der Altenhilfe stehen mit dem Rücken zur Wand, wir brauchen jetzt Lösungen, wenn die Versorgungssicherheit der uns anvertrauten Menschen jetzt und in Zukunft nicht gefährdet werden soll."

Die Einzelverhandlungen zwischen Kostenträgern und Leistungserbringern in der Altenhilfe sind dabei das wohl drängendste Problem. Die Schwierigkeiten betreffen insbesondere auch die Anträge zur gesonderten Berechnung der Investitionsfolgekosten. Die Bearbeitungsverzögerungen sind erheblich und führen dazu, dass Einrichtungen teilweise über Jahre hinweg Rückverrechnungen durchführen müssen. Dadurch sind auch Bewohnerinnen und Bewohner oft im Unklaren darüber, welche Kosten tatsächlich für ihren Platz anfallen. Dieser Mangel an Transparenz verursacht erheblichen wirtschaftlichen Schaden für die Einrichtungen und Frust bei Bewohnerinnen und Bewohnern oder bei Angehörigen von bereits verstorbenen Menschen.

"Es ist der Frust, der uns heute hier wieder vor die Türen des LWL treibt", ärgert sich auch Hartmut Krabs-Höhler, Vorsitzender der Freien Wohlfahrtspflege NRW in seiner Ansprache vor den Demonstrierenden in Münster. "Trotz unserer kontinuierlichen Bemühungen um eine Verbesserung der Situation in der Altenpflege, treten wir nach wie vor auf der Stelle. Und darum richtet sich unser Appell heute an den Landschaftsverband: Beschleunigen Sie die Prozesse! Finden Sie Lösungen! Lassen Sie uns nicht weiter im Regen stehen. Denn: Stillstand heißt Insolvenz. In unseren Altenheimen gehen bald die Lichter aus, wenn sich nicht bald etwas tut."

Elke Hammer-Kunze, Vorsitzende des „Arbeitsausschusses Pflege, Gesundheit und Alter“ der Freien Wohlfahrtspflege und Stellvertretende Geschäftsführerin des AWO Bezirksverbandes Westliches Westfalen machte deutlich: „Pflege ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe: Die Pflegekassen haben den Sicherstellungsauftrag gegenüber den Pflegebedürftigen. Land und Kommunen sind für die pflegerische Infrastruktur verantwortlich. Die pflegerische Versorgung von Menschen in Seniorenzentren ist in ernste Gefahr geraten. Denn die Landschaftsverbände, Pflegekassen und Kommunen kommen ihren Verpflichtungen nicht mehr zeitgerecht nach. Wir dagegen erfüllen unsere Pflicht und pflegen - an sieben Tagen pro Woche, 24 Stunden am Tag. Und niemand fragt danach, wie wir das mit herausfordernder Personaldecke hinbekommen. Dafür wollen wir bezahlt werden. Wir sitzen aber mittlerweile auf offenen Forderungen in Millionenhöhe, weil unsere Partner keine Vergütungsvereinbarungen mit uns abschließen und die Bewilligungen von Sozialhilfe für die Betroffenen viel zu lange dauert. Das führt bei uns zu einem massiven Finanzierungsstau und zu Frust bei Bewohnern, Mitarbeitenden und Angehörigen. Kein Handwerksbetrieb, kein Unternehmen kann so überleben. Wir auch nicht. Bald bleibt uns keine andere Wahl, als Plätze abzubauen oder ganze Einrichtungen aufzugeben. Oder es wie viele private Trägerketten zu machen und nur noch solvente Menschen aufzunehmen, bei denen die Finanzierung des Pflegeplatzes sicher ist. Und das mit einem befristeten Vertrag, um das finanzielle Risiko zu minimieren. Alt werden mit Probezeit – ich will das nicht, aber bevor Pflegeeinrichtungen schließen müssen, wird es zu dieser Auswahl kommen. Unsere Partner müssen endlich wieder ihre Arbeit machen, um das zu verhindern.“

Welche prekären Auswirkungen die desolate Lage im sozialen Bereich auf ganze Familiensysteme hat, macht auch Angehörigenvertreter Dr. Christoph Perwas wütend. Die Lage für pflegende Angehörige spitze sich aufgrund der Mangelsituation immer weiter zu. Einen Pflegedienst, einen Platz für Kurzzeitpflege oder gar einen stationären Pflegeplatz zu bekommen sei nahezu unmöglich, die Kompensation auf dem Rücken der pflegenden Angehörigen so nicht mehr dauerhaft leistbar. "Jeder weggefallene Pflegeplatz bedeutet eine Geschichte von Verzweiflung", verdeutlicht Perwas aus persönlicher Erfahrung. "Jede Streichung eines Platzes bedeutet, dass ein weiterer älterer Mensch seine vertraute Umgebung verliert, dass Familien unter noch größerem Druck stehen und dass wir in der häuslichen Pflege oft an unsere Grenzen stoßen."

"Die unverändert schlechte Lage in den Entgeltverhandlungen ist ein Schlag ins Gesicht für all jene, die tagtäglich ihr Bestes geben, um eine würdevolle Pflege zu gewährleisten", mahnt auch Esther van Bebber, Caritas-Direktorin für die Caritas im Erzbistum Paderborn. "Es ist an der Zeit, dass die politischen Entscheidungsträger ihre Verantwortung wahrnehmen und dringend benötigte Veränderungen vorantreiben."

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Die "Black Week" verknüpft symbolisch die Bedeutung des "Black Friday" mit dem ernsten Anliegen, auf die sozialen Missstände in unserem Bundesland aufmerksam zu machen. In zahlreichen Aktionen, Veranstaltungen und Diskussionsrunden wird vom 10. bis 14. Juni auf die prekäre Lage in Bereichen wie Altenhilfe, Krankenpflege, Kinder- und Jugendhilfe sowie der Unterstützung von Menschen mit Behinderungen hingewiesen.

Die Demonstration in Münster am Freitag, den 14. Juni 2024, bildet den Höhepunkt dieser Aktionswoche. Unter dem Motto "Black Week" werden tausende Menschen aus verschiedenen Regionen Nordrhein-Westfalens erwartet, um gemeinsam ein starkes Signal für eine gerechtere Sozialpolitik zu setzen. Die Veranstaltung wird von verschiedenen Vertretern der LAG Freie Wohlfahrtspflege NRW begleitet, die konkrete Forderungen an die politischen Entscheidungsträger formulieren und für eine nachhaltige Verbesserung der Rahmenbedingungen in der Sozialarbeit eintreten werden.

Die "Black Week" ist nicht nur eine Gelegenheit, um auf bestehende Probleme aufmerksam zu machen, sondern auch ein Aufruf zur Solidarität und zum Handeln. Die Freie Wohlfahrtspflege in Nordrhein-Westfalen setzt sich gemeinsam mit ihren Partnern und Unterstützern entschieden für eine soziale Gerechtigkeit ein und fordert konkrete Maßnahmen zur Verbesserung der Lebenssituation vieler Menschen in unserem Land. Weitere Informationen zur "Black Week" und den geplanten Veranstaltungen finden Sie unter www.freiewohlfahrtspflege-nrw.de/blackweek

Weiterführende Informationen

 

Alle Fotos: (c) Andreas Brockmann