Direkt zum Inhalt der Seite springen

Arbeitsgemeinschaft der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege des Landes Nordrhein-Westfalen e. V. | Detail

Stellungnahme zum „Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung der Vormünder- und Betreuervergütung und zur Entlastung von Betreuungsgerichten und Betreuern sowie Änderung des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes und des Justizkostenrechts

(Kosten- und Betreuervergütungsrechtsänderungsgesetz 2025 – KostBRÄG 2025)“

Die Landesarbeitsgemeinschaft der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege NRW nimmt wie folgt Stellung zum am 31. Januar 2025 im Bundestag beschlossenen Gesetzentwurf, einschließlich der vom Rechtsausschuss empfohlenen Änderungen.

Wir begrüßen die Anpassungen innerhalb der Vergütungstabelle, die eine realistischere Abbildung des Fallmixes in unseren Betreuungsvereinen ermöglichen. Dies stellt eine positive Entwicklung dar und korrigiert einige der Fehlverteilungen, die im ursprünglichen Referentenentwurf enthalten waren.

Auch begrüßen wir, dass die zweijährige Evaluationsfrist wieder aufgenommen wurde. Diese ist aus unserer Sicht notwendig, um die neu eingeführte Vergütungssystematik in ihrer Auswirkung auf die Praxis auszuwerten und notwendige Anpassungen vorzunehmen.

Dennoch machen wir weiter darauf aufmerksam, dass die strukturelle Unterfinanzierung der Be-treuungsvereine auch mit dem neuen Entwurf des Bundestages bestehen bleibt und daher weitere Anpassungen des Gesetzes erforderlich sind, die im Rahmen der Evaluierung zu bearbeiten sein werden.

Vor diesem Hintergrund möchten wir auf die folgenden zentralen Forderungen hinweisen:

1. Angleichen der Finanzierungsgrundlage an die tatsächlichen Kosten der Betreuungsvereine 

Die Vergütung der Betreuungsvereine muss auf Grundlage realistischer und aktueller Kostenberechnungen erfolgen. Die KGSt-Werte (Kommunale Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement) stellen ein anerkanntes Berechnungsmodell für die Arbeitsplatzkosten dar. Die Entgeltgruppe S12 des TVöD SuE ist hierbei grundsätzlich vergleichbar mit den in Betreuungsvereinen üblicherweise gezahlten Löhnen nach TVöD-SuE, Entgeltgruppe S12, Stufe 4. Ebenso wie in der öffentlichen Verwaltung fallen in den Betreuungsvereinen Sachkosten und Verwaltungsgemeinkosten an, die in der Berechnung einer kostendeckenden Vergütung daher auch Berücksichtigung finden müssen. Daher sollten die genannten KGSt-Werte zur Berechnung eines kostendeckenden Vergütungssystems herangezogen werden. Zur ausführlichen Begründung verweisen wir auf unsere Stellungnahme vom 18.10.2024. 

Laut den aktuellen KGSt-Werten 2024 betragen die Kosten eines Arbeitsplatzes in der genannten Vergütungsgruppe 112.420,00 €. Die im Entwurf zugrunde gelegten 93.109,09 € liegen damit bereits um 20,75 % unter den derzeitig aktuellen Kosten eines Arbeitsplatzes. Anstehende, zukünftige Tarifsteigerungen sind dabei noch nicht berücksichtigt. Somit gleicht die vorgeschlagene Erhöhung nicht einmal das bestehende Finanzierungsdefizit aus. Es belässt das System in der strukturellen Unterfinanzierung und gefährdet zunehmend die Existenz der Betreuungsvereine mit jeder tariflichen Personalkostenerhöhung. Nur eine regelmäßige Anpassung der Vergütung an die Fortschreibung der KGST-Werte schafft Planungssicherheit und sichert den Bestand der Betreuungsvereine.

Unsere Forderung: Zur Berechnung der kostendeckenden Vergütung sind die aktuellen KGSt-Werte als Berechnungsgrundlage heranzuziehen und kontinuierlich anzupassen. Dies ist notwendig, um die Arbeitsfähigkeit der Betreuungsvereine sicherzustellen und deren Existenz langfristig zu sichern und damit die Kommunen zu entlasten.

2. Überprüfung der Auswirkungen zwingend erforderlich daher: Evaluationsfrist von zwei Jahren dringend geboten 

Mit dem neuen Gesetz wird eine grundlegend veränderte Vergütungssystematik implementiert. Deren Auswirkungen in der Praxis bedürfen einer Evaluation und gegebenenfalls einer zeitnahen Anpassung.

Bei dieser Auswertung muss das Gesetz hinsichtlich etwaiger Fehlentwicklungen untersucht werden. Gleichzeitig bestehen weiterhin Kritikpunkte an der vorgeschlagenen Systematik, die in der Kürze und Dynamik des jetzigen Gesetzgebungsverfahrens nicht ausreichend eingearbeitet werden konnten. So z.B. die Frage, inwieweit eine Differenzierung nach Vermögensstatus fachlich begründbar ist. Ebenfalls problematisch ist die weiterhin fehlende Finanzierung von Dolmetscherkosten und die nicht berücksichtigten erhöhten Aufwendungen bei Betreuerwechseln.

Nicht berücksichtigt wurde auch der Mehraufwand, der durch die Betreuungsrechtsreform gesetzlich geforderten und verankerten Beteiligung der Betreuten entstanden ist. Um die Forderungen aus Artikel 12 UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) mit Leben zu füllen, wird Fachkompetenz und Zeit benötigt. Dieser Umstand muss sich auch in einem entsprechenden Vergütungssystem widerspiegeln.

Unsere Forderung: Die Evaluationsfrist von zwei Jahren muss genutzt werden, um dauerhaft zukunftsfähige Lösungen im Gesetz zu verankern.

3. Fazit

Der vorliegende Gesetzesentwurf geht in die richtige Richtung und stellt eine wichtige Weiterentwicklung dar, die wir unterstützen. Er setzt positive Impulse und bringt Verbesserungen für die Betreuungsvereine. Gleichzeitig ist es essenziell, perspektivisch an der Systematik zu arbeiten, um ein nachhaltig tragfähiges System zu schaffen. Andernfalls wird es weiterhin eine strukturell angelegte Finanzierungslücke geben, die von den Betreuungsvereinen allein nicht aufgefangen werden kann und ihre Existenz bedroht.

Notwendig ist daher:

  1. Eine Angleichung der Finanzierungsgrundlage an die tatsächlichen Arbeitsplatzkosten (KGSt-Werte) und die regelhafte Anpassung an die Fortschreibung der KGSt-Werte zum Ausgleich von Tariferhöhungen.
  2. Das Nutzen der Evaluationsfrist von zwei Jahren für das Entwickeln einer zukunftsfähigen Vergütungssystematik.

Nur so kann die Zukunftsfähigkeit der Betreuungsvereine gesichert und ein leistungsfähiges Betreuungswesen aufrechterhalten werden, das den Anforderungen des Gesetzgebers und den Bedürfnissen der betreuten Menschen gerecht wird.