Auch die Einbindung der Freien Wohlfahrtspflege durch das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales (MAGS) als federführendes Ministerium für die Fachkräfteoffensive in den vierteljährlichen Austausch zur Entwicklung und Umsetzung der Fachkräftestrategie wird begrüßt. Der kontinuierliche Dialog mit den übrigen Ministerien in Fragen der Fachkräfteentwicklung ist für die LAG FW von hoher Bedeutung. Der Fortschrittsbericht zur Umsetzung der Fachkräfteoffensive NRW zeigt nun, an welchen Stellen bereits Programme und Projekte installiert wurden. Es wird aber auch ersichtlich, wo es noch Leerstellen und blinde Flecken gibt und wo die Bemühungen vom Land noch erheblich verstärkt und ausgebaut werden müssen. Beide Facetten möchte die Freie Wohlfahrtspflege NRW in dieser Stellungnahme benennen und daran appellieren, die erfolgreichen Prozesse weiterzuführen und die Leerstellen im weiteren Verlauf der Fachkräfteoffensive zu berücksichtigen und füllen.
Positiv ist prinzipiell zu bewerten, dass die soziale Infrastruktur, insgesamt betrachtet, deutlich in den Fokus der Aufmerksamkeit gerückt worden ist. Dass sich das erste Berufsbereichsbeispiel zum Fachkräftemangel in der Einleitung von Ministerpräsident Wüst direkt auf die Soziale Arbeit und Bildung richtet, begrüßt die Freie Wohlfahrtspflege NRW ausdrücklich. Viel stärker als bislang muss Politik in den Blick nehmen, dass die soziale Infrastruktur nicht nur als ein Arbeitsfeld neben vielen anderen vom Fachkräftemangel betroffen ist, sondern dass sie auch eine substanzielle Voraussetzung für das Funktionieren des Arbeitsmarktes überhaupt ist.
Dass dies für alle Arbeits- und Berufsfelder in den Bereichen Erziehung, Soziale Arbeit, Pflege und Eingliederungshilfe gilt, ist eine wichtige Botschaft der Freien Wohlfahrtspflege NRW. Die soziale Infrastruktur, die auch als eine stabile Basis für die Berufstätigkeit von vielen Menschen in NRW betrachtet werden und bleiben muss, funktioniert nur im Zusammenspiel all dieser Berufe.
Den Bericht vervollständigen, würden Aussagen zu übergeordneten, strategischen Zielen der Fachkräfteoffensive NRW. Diese sollten mit konkreten Zahlen, Ziel- und Zeitvorgaben hinterlegt sein. Zudem fehlen Aussagen dazu, inwiefern auch Dienste, Einrichtungen und Projekte, die nicht unter die 64 ausgewählten Einzelmaßnahmen fallen, mit ihrer Arbeit einen aktiven Beitrag zum Gelingen der Fachkräfteoffensive leisten (beispielsweise die Berufseinstiegsbegleitung, das Werkstattjahr oder die Beratungsstellen Arbeit). In den meisten Fällen der 64 aufgelisteten Einzelmaßnahmen fehlen konkretere Angaben zur Umsetzung und zum Ziel, sodass wenig darüber ersichtlich wird, ob eine Maßnahme im Sinne der Fachkräfteoffensive erfolgreich ist oder nicht. Eine Darstellung wie in Cluster VI.8 wäre hier auch für die anderen Maßnahmen hilfreich. Leider werden zudem die Wohlfahrtsverbände nicht als Partner aufgeführt, was angesichts der Stellung, die die Wohlfahrt als Arbeitgeber in NRW hat, zu bemängeln ist.
Zur Realität gehört auch: Personal- und Betriebskosten in den Sozial – und Erziehungsberufen sind nicht kostendeckend refinanziert und die Angebote zunehmend eingeschränkt. Hinzu kommen die aktuell geplanten drastischen Kürzungen in Teilen der sozialen Arbeitsfelder. Das klingt für potenzielle Bewerber*innen, für junge Menschen, die sich in der Berufswahl befinden, nicht nach einer sicheren Zukunft und verhindert Fachkräftebindung. Das trifft auch für Arbeitsfelder zu, die in der Öffentlichkeit weniger präsent sind, z.B. auf die stationäre Kinder- und Jugendhilfe, die Eingliederungshilfe oder den Offenen Ganztag. Hier braucht es Entschlossenheit und deutlichen Willen des Landes, in alle Felder der sozialen Arbeit zu investieren und damit nicht zuletzt auch Fach- und Arbeitskräfte für diese Berufe zu gewinnen. Eine Verbesserung der finanziellen Rahmenbedingungen, um die Arbeitssituationen von pädagogischen Fachkräften in allen Feldern der sozialarbeiterischen, erzieherischen und pflegenden Berufe zukunfts- und lebensweltorientiert attraktiver zu gestalten, ist essenziell für eine Fachkräfteoffensive.
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