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Arbeitsgemeinschaft der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege des Landes Nordrhein-Westfalen e. V. | Detail

Landesprogramm „Soziale Beratung von Geflüchteten“: Flüchtlingsberatungsstellen massiv gefährdet

Das Landesprogramm Soziale Beratung von Geflüchteten¹, das Beratung für Geflüchtete in den Landesunterkünften und Kommunen anbietet, gibt es seit fast 30 Jahren. Noch nie in der Geschichte dieses Programms waren so viele Stellen langfristig unbesetzt. Noch nie zuvor sahen sich so viele engagierte Träger gezwungen, aus der „Sozialen Beratung von Geflüchteten“ auszusteigen.

Es ist jetzt dringend notwendig, die geplante neue Richtlinie für 2025 auf die aktuellen Bedarfe auszurichten. Es braucht eine grundsätzliche Stabilisierung und Verlässlichkeit des Programms für Geflüchtete und Programmträger verbunden mit einer mehrjährigen Planbarkeit für unsere Träger.

Schutzsuchende brauchen qualifizierte Beratung für ein faires Asylverfahren, Teilhabe und Integration:

Die Konsequenzen fehlender Beratungsstruktur sind verheerend: Durch den zunehmenden Rückgang unabhängiger Beratungsstellen können Verfahrensgarantien² Schutzsuchender und ein effektiver Zugang zu Rechtsschutz nicht mehr gewährleistet werden: Verstärkt wird diese Problematik durch die steigende Anzahl von Aufnahmeeinrichtungen und Notunterkünften. Ohne eine qualifizierte Information und Beratung gelingt es vielen geflüchteten Menschen nicht hinreichend, ihre Rechte in asyl-, aufenthalts- und sozialrechtlichen Verfahren geltend zu machen und ihren Mitwirkungspflichten angemessen nachzukommen. Aktuell sind bereits über 13.000 Asylsuchende von Aufnahmeeinrichtungen des Landes ohne Beratung. Die Spätfolgen können nicht nur asyl- bzw. aufenthaltsrechtlich beobachtet werden, sondern haben ebenso Auswirkungen auf die Integration Schutzsuchender. Die fehlenden Beratungsstellen in den Landesunterkünften führen ebenso zu hoher Auslastung bei den kommunalen Beratungsstellen, die von den Bewohner*innen der Landesunterkünfte zusätzlich zu den kommunal zugewiesenen Menschen aufgesucht werden.

Aufgrund der nicht auskömmlichen Förderung und der Kopplung des Landesprogramms an den jährlichen Haushalt haben Träger enorme Schwierigkeiten, qualifiziertes Personal für die Beratung zu halten. Insbesondere der hohe Eigenanteil sowie die enorme Vorfinanzierungsleistung stellt für viele Träger eine mittlerweile unüberwindbare Herausforderung dar.

Ihre Unterstützung für die Sicherung des Landesprogramms

Der enorme Ausbau von Aufnahmeeinrichtungen sowie die drastische Erhöhung der Aufnahmekapazitäten bestehender Einrichtungen auf der einen Seite und die unzureichende Refinanzierung auf der anderen Seite stellen eine erhebliche Schieflage dar. Dies lässt sich nur mit einer Erhöhung des Finanzvolumens und einer Verbesserung der Förderbedingungen umsetzen. Nur durch Ihr Engagement kann es eine Erhöhung des Haushaltstitels geben, so dass das Landesprogramm „Soziale Beratung von Geflüchteten“ die Beratung Schutzsuchender weiterhin qualifiziert fortsetzen kann. Die geplante neue Richtlinie für 2025 muss die Tarifstrukturen und
-steigerungen der Träger berücksichtigen und eine langfristige und sichere Planbarkeit abbilden
(= mehrjährige Förderung + Dynamisierung + gesetzliche Verankerung z.B. im Teilhabe- und Integrationsgesetz!).

Träger müssen bis zu 20.000 Euro pro Stelle zuzahlen

Rechnerische Darstellung des Eigenanteils am Bsp. eines Caritasverbandes und der seit nunmehr 2,5 Jahren offenen Stellen in der ZUE Weeze: Aktive Aufnahmekapazität in der ZUE Weeze I und II aktuell bei 1.150:

Eingruppierung/VB

BPK 2024

Förderung pro VB

Differenz

S12 Stufe 3 / 0,75 VB

54.065,74 €

44.792,89 €*

9.272,85 €

S12 Stufe 4 / 1,0 VB

79.642,69 €

59.723,85 €*

19.918,84 €

S12 Stufe 5 / 0,75 VB

64.444,82 €

44.792,89 €*

19.651,93 €

S12 Stufe 6 / 0,5 VB

44.852,50 €

29.861,93 €*

14.990,57 €

Bei 3,0 VB

243.005,75 €

179.171,56 €*

63.834,19 €

*Max. Förderung in Höhe von 61.000€ kann nicht abgerufen werden, da vertragliche Arbeitszeit in der AVR vom TV-L um 0,5 Std./Woche abweicht.

Bei 3,0 Stellen in der Verfahrensberatung läge der Eigenanteil, den der Träger aufbringen müsste bei 63.834,19 €. Die verbandsnotwendigen Sach- und Gemeinkosten kämen noch dazu. Dies ist kein Einzelfall, sondern entspricht der Lage vieler Träger.

 

Fußnoten

1) Informationen zum Landesprogramm Soziale Beratung von Geflüchteten auf der Seite des MKJFGFI: https://www.mkjfgfi.nrw/foerderung-der-sozialen-beratung-von-auslaendischen-fluechtlingen

2) Die Beratung ist ein Kernelement rechtsstaatlichen Handelns und verankert in Artikel 19ff der EU-Verfahrensrichtlinie (R2013/32).