Die Arbeitsmarktchancen von Hartz-IV-Empfängern sind desaströs. Nur ein Bruchteil von ihnen findet monatlich eine sozialversicherungspflichtige und gleichzeitig den Bezug beendende Beschäftigung. Gelingt der Ausweg aus Hartz IV, ist das häufig nicht von Dauer. Jeder vierte ehemalige Hartz-IV-Empfänger fällt innerhalb von drei Monaten zurück in den Leistungsbezug. Hintergrund sind oft instabile Arbeitsverhältnisse. Wenn Arbeitslose im Hartz-IV-System eine Arbeitsstelle finden, dann in erster Linie in der Leiharbeit.
Hartz-IV-Empfänger haben kaum Chancen am Arbeitsmarkt. 2015 gelang es pro Monat durchschnittlich nur 1,6 Prozent von ihnen, eine sozialversicherungspflichtige Stelle zu finden. Weniger als die Hälfte von ihnen (46 Prozent) konnte damit ihre Hilfebedürftigkeit beenden. 54 Prozent waren trotz einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung als Aufstocker drei Monate später weiterhin abhängig von Hartz-IV-Leistungen. Das zeigt der aktuelle Arbeitslosenreport der Freien Wohlfahrtspflege NRW.
Bei den Hartz-IV-Empfängern, die den Ausstieg aus dem Leistungsbezug schaffen, ist dies zudem häufig nicht von Dauer. Von 437.420 Hartz-IV-Empfängern im erwerbsfähigen Alter, die 2015 den Leistungsbezug beendet haben, musste jeder Vierte (24,2 Prozent) innerhalb von drei Monaten erneut Unterstützung vom Jobcenter beantragen. Ein häufiger Grund hierfür sind instabile und befristete Jobs, z. B. in der Leiharbeit.
Die Leiharbeitsbranche belegt Platz eins der Arbeitgeber für vormals arbeitslose Hartz-IV-Empfänger. Mehr als jeder Vierte von ihnen (28 Prozent), der zwischen Juli 2015 und Juni 2016 eine sozialversicherungspflichtige Arbeit aufnahm, kam in der Arbeitnehmerüberlassung unter – meist jedoch nur für kurze Zeit, denn mehr als die Hälfte dieser Jobs enden schon nach weniger als drei Monaten. Danach geht es in der Regel zurück in den Hartz-IV-Bezug. Der Wunsch von vielen erwerbsfähigen Leistungsbeziehern durch eine auskömmlich entlohnte, dauerhafte Beschäftigung Diskriminierung und fehlende Teilhabechancen zu überwinden, erstickt wieder in Arbeits- und Perspektivlosigkeit.
„Es genügt nicht, Menschen nur kurzfristig in Arbeit zu bringen, sie müssen dauerhaft in Arbeit bleiben“ sagt Andreas Johnsen, Vorsitzender der Freien Wohlfahrtspflege. „Sie brauchen auch nach der Aufnahme einer Beschäftigung aktive Unterstützung und fachliche Beratung.“ Er verweist damit auf den im August 2016 ins Sozialgesetzbuch aufgenommenen Paragraphen 16 g zur Förderung bei Wegfall der Hilfebedürftigkeit. Diese von Experten auch aus der Freien Wohlfahrtspflege geforderte Regelung ermöglicht aktive Leistungen zur nachhaltigen Eingliederung in Arbeit, wie z. B. Beratungsangebote auch noch bis zu sechs Monate nach der Beschäftigungsaufnahme. Der Vorsitzende der Freien Wohlfahrtspflege NRW appelliert an Jobcenter und Arbeitgeber die Chancen zu nutzen, die diese neuen
Regelungen zur betrieblichen Eingliederung ehemals langzeitarbeitsloser Mitarbeitender bieten und dabei mit den unabhängigen, kompetenten und mit diesen Zielgruppen erfahrenen Trägern der sozialen Arbeit in der Freien Wohlfahrtspflege zu kooperieren.
Hintergrund:
Die Wohlfahrtsverbände in NRW veröffentlichen mehrmals jährlich den „Arbeitslosenreport
NRW“. Darin enthalten sind aktuelle Zahlen und Analysen für Nordrhein-Westfalen; Basis
sind Daten der offiziellen Arbeitsmarktstatistik der Bundesagentur für Arbeit. Jede Ausgabe
widmet sich einem Schwerpunktthema. Hinzu kommen Kennzahlen zu Unterbeschäftigung,
Langzeitarbeitslosigkeit und SBGII-Hilfequoten, um längerfristige Entwicklungen sichtbar zu
machen. Der Arbeitslosenreport NRW sowie übersichtliche Datenblätter mit regionalen
Zahlen können im Internet unter www.arbeitslosenreport-nrw.de heruntergeladen werden.
Der Arbeitslosenreport NRW ist ein Kooperationsprojekt der Freien Wohlfahrtspflege NRW
mit dem Institut für Sozialpolitik und Arbeitsmarktforschung (ISAM) der Hochschule Koblenz.
Ziel der regelmäßigen Veröffentlichung ist es, den öffentlichen Fokus auf das Thema
Arbeitslosigkeit als wesentliche Ursache von Armut und sozialer Ausgrenzung zu lenken, die
offizielle Arbeitsmarkt-Berichterstattung kritisch zu hinterfragen und dabei insbesondere die
Situation in Nordrhein-Westfalen zu beleuchten.