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Arbeitsgemeinschaft der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege des Landes Nordrhein-Westfalen e. V. | Detail

Immer mehr Arbeitslose werden zu Schuldnern der Jobcenter

Zehn Jahre Hartz IV: Freie Wohlfahrtspflege kritisiert nicht ausreichenden Regelsatz

Menschen sind gezwungen, Darlehen aufzunehmen

 

Münster. Immer mehr Hartz-IV-Empfänger haben Schulden beim Jobcenter. Ein nicht ausreichender Regelsatz zwinge Arbeitslose dazu, sich Geld zu leihen, so die Freie Wohlfahrtspflege NRW.  Rund 225.000 Darlehen werden jährlich bundesweit für Waschmaschinen, Kühlschränke, die Übernahme der Stromschulden oder Mietkaution von den Jobcentern gewährt, weil die Menschen nicht in der Lage sind, aus den im Sozialgesetzbuch (SGB) II gewährten Pauschalen die Zahlungen zu leisten. Im vergangenen Jahr wurden dazu jeden Monat 6,8 Millionen Euro verliehen, 2010 waren es 4 Millionen Euro.

„Wir sprechen hier von einem Versagen der Arbeitsmarktpolitik“, sagt Josef Lüttig, Vorsitzender des Arbeitsausschusses Arbeit und Arbeitslosigkeit in der Freien Wohlfahrtspflege NRW.
Trotz guter Konjunktur, trotz arbeitsmarktpolitischer Förderung und persönlicher Anstrengung vieler Betroffener verbleiben bundesweit rund 450.000 Menschen ohne Integrationsperspektive in den ersten Arbeitsmarkt. Deutlich wird, dass Beschäftigungslosigkeit nicht nur eine Folge persönlicher Einschränkungen ist, sondern ihre Ursache wesentlich in strukturellen Bedingungen und gesellschaftlicher Ausgrenzung hat.
„Es kann nicht sein, dass der Regelsatz so niedrig bemessen ist, dass er Langzeitarbeitslose zwingt, beim Jobcenter Darlehen aufzunehmen, die sie kaum mehr zurückzahlen können“, so Dr. Frank Johannes Hensel, Vorsitzender des Arbeitsausschusses Armut und Sozialberichterstattung. Die Schulden werden getilgt, indem pro Monat zehn Prozent vom – als Existenzminimum geltenden – Regelsatz einbehalten werden. „Wenn Hartz-IV-Empfängern ein Mindestmaß an gesellschaftlicher Teilhabe möglich sein soll, dürfen wir sie nicht auch noch zu Schuldnern der Jobcenter machen“, so Hensel.
Die aktuelle Förderpraxis ermögliche Hartz-IV-Empfängern weder eine bedarfsgerechte Förderung, noch eine reale Chance auf Teilhabe, die dem Prinzip des „Förderns und Forderns“ gerecht wird.
Was haben 10 Jahren SGB II bewirkt? Wie ist das Verhältnis zwischen Fördern und Fordern und welche Auswirkungen haben arbeitsmarktferne und stark eingeschränkte Eingliederungsmaßnahmen sowie die Darlehnspraxis auf die Lebenssituation von Arbeitslosen? Diesen und weiteren Fragen wird in der Veranstaltung „Das SGB II – 10 Jahre im Praxistest“ nachgegangen, am 20. August 2015, im Lambertussaal in Düsseldorf, Stiftsplatz 3, 40213 Düsseldorf, 10:00 Uhr – 15:30 Uhr, Programm anbei.