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Arbeitsgemeinschaft der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege des Landes Nordrhein-Westfalen e. V. | Detail

Die Freie Wohlfahrtspflege mahnt, Jugendliche nicht in die Ausbildungslosigkeit fallen zu lassen.

Im letzten Ausbildungsjahr standen NRW-weit 136.400 ausbildungssuchend gemeldeten Bewerberinnen und Bewerbern nur 110.800 gemeldete Ausbildungsstellen gegenüber – was eine Ausbildungslücke von 25.600 Stellen bedeutet. Die Freie Wohlfahrtspflege fordert die Landesregierung anlässlich der heutigen Veröffentlichung des Arbeitslosenreports NRW „Jugend und Arbeit“ zum Handeln auf.

Der Arbeitslosenreport NRW zeigt, das Ausmaß der Angebotslücke ist noch weitaus größer. Um realistisch für alle Jugendlichen ein auswahlfähiges Angebot an Ausbildungsplätzen vorzuhalten, wäre ein Ausbildungsplatzüberhang nötig. Bereits seit den 1970er-Jahren gilt hierfür ein Richtwert von 12,5 Prozent. Demnach wäre in NRW für das letzte Ausbildungsjahr erst bei einem Ausbildungsplatzangebot von 153.500 Stellen von einer entspannten Lage am Ausbildungsmarkt zu sprechen. Trotz des seit Jahren diagnostizierten Fachkräftemangels ist in vielen Branchen eine notwendige signifikante Erhöhung der Ausbildungsanstrengungen nicht zu erkennen. „Wenn die Arbeitgeber nicht von sich aus endlich für ein ausreichendes Angebot von Ausbildungsplätzen in NRW  sorgen, muss über stärker regulierende Eingriffe, wie z. B. eine Ausbildungsabgabe, laut nachgedacht werden“, kritisiert Andreas Johnsen, Vorsitzender der Freien Wohlfahrtspflege NRW. 

Der Arbeitslosenreport NRW warnt, dass durch die anhaltende Ausbildungsplatzlücke der Anteil jugendlicher Arbeitsloser ohne Berufsabschluss steigt. Heute haben 68 % der Arbeitslosen unter 25 Jahren in NRW keinen Berufsabschluss, 22 Prozent haben keinen Schulabschluss. Gerade Jugendliche, die Probleme haben, einen Ausbildungsplatz zu finden bzw. eine Ausbildung erfolgreich abzuschließen, brauchen Unterstützung durch
ausbildungsvorbereitende und ausbildungsbegleitende Maßnahmen. Doch der Arbeitslosenreport NRW zeigt, bei ausbildungsunterstützenden Maßnahmen für Jugendliche ist landesweit ein Rückgang festzustellen. Vor allem die ausbildungsbegleitenden Maßnahmen sind stark rückläufig. Wurden 2012 noch knapp 28.000 ausbildungsbegleitende Maßnahmen gefördert, waren dies im Zeitraum von 11/2015 – 10/2016 nur noch knapp
18.750. „Für uns ist dies ein völlig falsches Signal“, so Andreas Johnsen. „Solange keine Entspannung auf dem Ausbildungsmarkt erreicht ist, müssen berufsvorbereitende, ausbildungsbegleitende und -unterstützende Angebote durch die Agentur für Arbeit und Jobcenter in ausreichender Zahl gefördert werden. Nicht versorgte
Ausbildungsplatzbewerber benötigen Alternativen, wenn kein betrieblicher Ausbildungsplatz gefunden wird. Schulisch nicht ausreichend qualifizierte junge Menschen brauchen vorbereitende und auch begleitende Coachingangebote, damit sie eine Ausbildung erfolgreich absolvieren können. Eine abgeschlossene Berufsausbildung ist eine Basis für eine langfristige, qualifizierte und sichere Arbeitsstelle und damit für ein Leben unabhängig von Hartz-IV-Leistungen."

Die Freie Wohlfahrtspflege in NRW ist mit mehr als 700.000 Beschäftigten in der Kranken-, Alten-, Kinder- und Jugendpflege einer der bedeutendsten Arbeitgeber und Ausbilder und leistet selbst einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung der Ausbildungssituation. Viele Verbände und Träger nehmen bewusst gesellschaftliche Verantwortung wahr und bilden über den eigenen Bedarf hinaus aus. Von der Landesregierung erwartet sie neben einer Stärkung der dualen Ausbildung auch eine bessere Förderung der Berufsausbildung junger  Menschen im schulischen System; etwa an Berufsfachschulen, Berufskollegs und Fachseminaren für Altenpflege. 

Hintergrund:
Die Wohlfahrtsverbände in NRW veröffentlichen mehrmals jährlich den „Arbeitslosenreport NRW“. Darin enthalten sind aktuelle Zahlen und Analysen für Nordrhein-Westfalen; Basis sind Daten der offiziellen Arbeitsmarktstatistik der Bundesagentur für Arbeit. Jede Ausgabe widmet sich einem Schwerpunktthema. Hinzu kommen Kennzahlen zu Unterbeschäftigung, Langzeitarbeitslosigkeit und zur Zahl der  Personen in  Bedarfsgemeinschaften, um längerfristige Entwicklungen sichtbar zu machen. Der Arbeitslosenreport NRW  sowie übersichtliche Datenblätter mit regionalen Zahlen können im Internet unter www.arbeitslosenreport-nrw.de heruntergeladen werden. Der Arbeitslosenreport NRW ist ein Kooperationsprojekt der Freien Wohlfahrtspflege NRW mit dem Institut für Sozialpolitik und Arbeitsmarktforschung  (ISAM) der Hochschule  Koblenz. Ziel der regelmäßigen Veröffentlichung  ist es, den öffentlichen Fokus auf das Thema Arbeitslosigkeit als wesentliche Ursache von Armut und sozialer Ausgrenzung zu lenken, die offizielle Arbeitsmarktberichterstattung kritisch zu hinterfragen und dabei insbesondere die Situation in Nordrhein-Westfalen zu beleuchten.