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Arbeitsgemeinschaft der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege des Landes Nordrhein-Westfalen e. V. | Detail

Banken sollen Schuldnerberatung mitfinanzieren

Wohlfahrtsverbände sehen Schuldnerberatung als Querschnittsaufgabe

Dortmund. — Die nordrhein-westfälische Landesregierung hat sich vorgenommen, an der Finanzierung der Schuldnerberatung neben den Sparkassen auch die Banken zu beteiligen. Schuldnerberatung diene der »Systemstabilisierung«, sagte Familienministerin Ute Schäfer (SPD) auf einer Tagung »Familien in Not« der Landesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege (LAG) am Mittwoch in Dortmund. Sie wisse, dass dieses Anliegen »das Bohren dicker Bretter« erfordere, sagte Schäfer, erste Gespräche seien terminiert. Sie erwarte eine Lösung auf mittlere Sicht, »denn auch die Banken wollen zahlungsfähige Kunden haben«, betonte die Ministerin. Sie räumte ein, dass die Förderung des Landes pro Fall rückläufig sei. Die Zahl der Fälle allein in der Verbraucherinsolvenzberatung sei in den letzen fünf Jahren von 37.000 auf 49.000 gestiegen. Die Schuldnerberatungsfälle stiegen im gleichen Zeitraum von 42.000 auf 46.000.

Der LAG-Vorsitzende Andreas Meiwes begrüßte ausdrücklich die Ankündigung der Landesregierung, eine ergänzende Finanzierung der Schuldnerberatung über einen Bankenfonds anzustreben. Die LAG werde die Landesregierung unterstützen. Aber auch das Land nahm Meiwes in die Pflicht: »Seit 1999 ist die Teilkostenförderung durch das Land nicht erhöht worden, obwohl Personalkosten und Fallzahl deutlich zugenommen haben«, sagte er. Hier müsse dringend etwas geschehen. Derzeit sei die Finanzierung der Schuldnerberatung weit überwiegend in den Händen der Kommunen, die dazu im Rahmen der Daseinsvorsorge verpflichtet seien, erklärte Meiwes, der Diözesan-Caritasdirektor im Bistum Essen ist. »Wir alle wissen, dass den Kommunen das Wasser bis zum Halse steht. Wir begrüßen es, dass auch die neue Landesregierung die Not der Kommunen erkannt hat und sie wieder handlungsfähig machen will«, unterstrich er. Er begrüßte noch einmal, dass die Sparkassen- und Giroverbände ihren Fonds zur Finanzierung der Schuldner- und Insolvenzberatung nach elf Jahren Stagnation nun um 17 Prozent aufstocken wollen.

Der LAG-Vorsitzende wies darauf hin, dass es in NRW über 300.000 überschuldete Familien gibt. Rund 755.000 Kinder und Jugendliche und damit fast jedes vierte Kind (24,1 Prozent) lebten in einem einkommensarmen Haushalt. Familienministerin Schäfer räumte ein, dass sei ein »Armutszeugnis für unsere Gesellschaft«. »Sie sind Seismographen für die wirtschaftliche Entwicklung und den Zustand unserer Gesellschaft«, rief sie den Schuldnerberatern zu. Ganzheitliche Schuldnerberatung unter Einbeziehung des sozialen Umfelds sei der richtige Weg, Familien aus der Schuldenfalle zu befreien.

Die Wohlfahrtsverbände wollen daher auch eine stärkere Vernetzung der Schuldnerberatungsstellen mit anderen Diensten und Einrichtungen erreichen. Schuldenprobleme würden immer häufiger auch in Familienzentren, Kindergärten, Schulen oder Beratungsstellen sichtbar, sagte der LAG-Vorsitzende Meiwes. Dort ständen die pädagogischen Kräfte dieser Situation oft hilflos gegenüber. »Angebote wie ein Mittagessen für jedes Kind lindern zwar die Symptome, bekämpfen aber nicht die Ursachen«, betonte er. Aus diesem Grund sei die Zusammenarbeit mit den Schuldnerberatungsstellen begrüßenswert. Oft scheitere die Vernetzung allerdings an fehlenden Kapazitäten der Schuldnerberatungsstellen.

Ergebnisse 2008:
Beratungsfälle insgesamt 171.503 davon
45.808 Schuldnerberatung und 47.276 InsO-Beratung

Neufälle InsO 23.988; 4.631 außergerichtl. Einigungen, 20.652 Bescheinigungen über das Scheitern; in 2.141 Fällen war der außergerichtliche Einigungsversuch ohne Ergebnis

Ergebnisse 2009:
Die Zahl der Beratungsfälle im Bereich der Verbraucherinsolvenz ist erneut um 3% im Vergleich zum Vorjahr gestiegen auf 49.475 Fälle. Die Zahl der Informationen / Kurzberatungen ist zwischen 2008 und 2009 um 2% gestiegen. Auch die Zahl der Schuldnerberatungsfälle nahm zu, um 5% auf 46.758 Fälle. Insgesamt betrachtet nahm die Zahl der Fälle im Jahr 2009 um 3 % zu, von 171.503 auf 176.703 Fälle.
47.556 der Beratungsfälle waren Neuaufnahmen, 24.273 Fälle im Bereich Verbraucherinsolvenzberatung und 23.283 Fälle im Bereich Schuldnerberatung.