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Arbeitsgemeinschaft der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege des Landes Nordrhein-Westfalen e. V. | Detail

Stellungnahme zum Antrag der Fraktion der FDP „Ein politisches Update für die Pflege in Nordrhein-Westfalen

(Drucksache 18/8441)

Die LAG FW bedankt sich für die Möglichkeit, zum Antrag der Fraktion der FDP, Stellung nehmen zu dürfen. Die Diskussion über die Verbesserung der Arbeitsbedingungen und den zunehmenden Arbeitskräftemangel wird bereits seit Jahrzehnten von der LAG FW geführt und gefordert.

Die LAG FW unterstützt die Forderung nach einem spürbaren Bürokratieabbau. Es ist jedoch wenig hilfreich, zuätzlich Task-Forces mit Wissenschaft, Verbänden und Unternehmen einzurichten. Stattdessen sollte auf bestehende Strukturen zurückgegriffen und keine ineffiziente Parallelstrukturen aufgebaut werden.

Erhöhung der Ausbildungskapazitäten

Eine zwingende Voraussetzung für eine Erhöung der Kapazitäten der Pflegefachassistenz-ausbildung ist eine auskömmliche Finanzierung der Ausbildung, die nicht zu Lasten der Pflegebedürftigen geht. Die Refinanzierung der Ausbildungskosten für Pflegefachkräfte ist höher als diejenige für Pflegefachassistenten. Die Kosten für Kurse der Pflegefachassistenzausbildung sind jedoch identisch zu den Kursen der Pflegefachkraftausbildung. Sowohl das Lehrpersonal als auch die Praxisbegleitung müssen bereitgestellt werden. Der psychosoziale Betreuungsaufwand ist größer. Bei der schlechteren Finanzierung werden sich die Schulen bei gegebenen Mangel an Pädagoginnen und Pädagogen für die Ausbildung der dreijährigen Pflegefachkräfte entscheiden müssen.

   Forderung:

  • Auskömmliche Refinanzierung der Pflegefachassistenzausbildung und Anhebung des Förderungssatzes analog zu Schulkostenpauschale der Pflegefachkraftausbildung

Eine weitere Voraussetzung für eine Erhöhung der Kapazitäten der Pflegefachassistenzausbildung ist eine ausreichende Zahl an Praxiseinsatzorten. Einrichtungen der Langzeitpflege sowie Pflegeschulen, die nicht an ein Krankenhaus angebunden sind, haben zunehmend Probleme, Kooperationspartner für die Durchführung des operativen Einsatzes zu finden. Krankenhäuser lehnen die Kooperation ab oder kündigen bestehende Verträge, weil sie entweder mit Auszubildenden nach dem Pflegeberufegesetz ausgelastet sind oder weil die Praxisanleitung nicht refinanziert wird. Die vorübergehende Möglichkeit, alternative Einsatzorte zu nutzen, wird von
einigen Bezirksregierungen nicht mehr genehmigt, so dass zunehmend Pflegeschulen bereits keine Pflegefachassistenz-Kurse mehr anbieten.

   Forderung:

  • Anpassung der Durchführungsverordnung zur Geeignetheit von alternativen Einrichtungen zur Durchführung der operativen Einsätze (analog Pädiatrie und Psychiatrie-Einsätze in der DVO-PflBG)
  • Refinanzierung der Praxisanleitung in der einjährigen Ausbildung

Aufgrund des hohen Bedarfs an einjährig ausgebildeten Pflegekräften kann das Land NRW nicht länger auf eine bundeseinheitlich geregelte Pflegeassistenzausbildung warten. Die oben genannten Punkte sind zeitnah umzusetzen.

Teilzeitkapazitäten erhöhen

Die Notwendigkeit eines weiteren Ausbaus an Teilzeitmodellen sehen wir als eher nachrangig. Die Nachfrage nach Ausbildungsplätzen in Teilzeit ist als gering einzuschätzen. Die Realität zeigt uns, dass tatsächliche Anmeldezahlen weit unter fünf Anmeldungen pro Schuljahr liegen.

Falls Teilzeitausbildung angefragt wird, dann sind familiäre Verpflichtungen der Grund für den Wunsch nach einer Teilzeitausbildung. Die Herausforderung liegt in der Organisation der Kinderbetreuung für die Randzeiten in der praktischen Ausbildung. Die theoretische Ausbildung ist davon nicht betroffen. Das Pflegeberufegesetz ermöglicht bereits ein Modell, bei dem die theoretische Ausbildung in Vollzeit und lediglich die praktische Ausbildung in Teilzeit durchgeführt wird'. Hinzu kommt die Herausforderung in der Koordination der Praxiseinsätze, wobei wohnortnah Praxiseinsatzstellen gefunden werden müssen, die auf die individuellen Bedürfnisse nach angepassten Dienstzeiten eingehen.

   Forderung:

  • Die Praxiseinsätze sind rechtlich auf diesen Sachverhalt mitauszurichten.

   Empfehlung:

  • Informationsschrift oder Flyer des MAGS zur Möglichkeit der Teilzeit-Ausbildung in NRW

Flexibilisierung der Vorgaben für Pflegeschulen - Verlängerung der Übergangsregelungen

Wir teilen die Forderung nach einer Flexibilisierung der Vorgaben für Pflegeschulen und den Abbau von bürokratischen Hindernissen. Die Pflegeschulen sind zertifiziert und staatlich anerkannt. Gemäß Informationsschreiben der Bezirksregierung (BR) müssen die Schulen zahlreiche Dokumente erstellen und der Bezirksregierung vorlegen. Die BR auf der anderen Seite muss diese Dokumente überprüfen und zum Teil bestatigen.

  • Liste der hauptberuflichen Lehrkräfte
  • Jeder Kursstart mit der jeweiligen Kursgröße benötigt eine Beantragung
  • Jede Veränderung der Kurszusammensetzung muss unmittelbar angezeigt werden
  • BR entscheidet über die Zulassung der Auszubildenden
  • Nachweise über den Schulabschluss bzw. das pflegepädagogische Gutachten müssen
  • vorgelegt werden
  • Bestätigung der gesundheitlichen Tauglichkeit der Auszubildenden (Ärztliches Attest)
  • Nachweis über ausreichende Sprachkenntnisse der Auszubildenden
  • Bestätigung der Identifikation der Auszubildenden

Die Schulen tragen die Verantwortung zu jedem Zeitpunkt der Ausbildung der Schülerinnen und Schüler, haben jedoch keinen Spielraum, selbst Entscheidungen zu treffen. Darüber hinaus entsteht auf beiden Seiten ein erheblicher Aufwand, die Vielzahl an Nachweisen der Bezirksregierung zu übersenden und prufen zu lassen. Eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen den Pflegeschulen und der Bezirksregierung würde den bürokratischen Aufwand deutlich reduzieren.

Die Pflegeschulen werden bereits über die Aufsichtsbehörden gemäß Pflegeberufegesetz und Ausbildungs- und Prüfungsverordnungen ausreichend überwacht und die Finanzierung ist durch das Ausbildungsfinanzierungsgesetz geregelt, so dass die Kosten der Ausbildung hinreichend kalkuliert sind.

Die Pflegeschulen sind staatlich anerkannt und werden für die gesetzeskonforme Durchführung der Ausbildung von den Bezirksregierungen überwacht. Um gesetzeskonforme Maßnahmen auch den Kundinnen und Kunden der Arbeitsagenturen und Job Centren anbieten zu können, müssen darüber hinaus die Pflegeschulen eine kostenintensive AZAV-Träger- und Maßnahmenzertifizierung durchführen.

Forderungen:

  • Abbau von bürokratischen Hindernissen
  • Fristgerechte Rückmeldung über die Anerkennungsverfahren und Prüfungen durch die Bezirksregierungen
  • Neuregelung der Nachweispflicht gemäß § 176 und § 180 SGB Ill für Pflegeschulen, um Doppelzertifizierungen und doppelte Nachweisführungen abzubauen: Ermöglichung von förderfähigen Maßnahmen für Kundinnen und Kunden der Arbeitsagenturen und Jobcenter durch Pflegeschulen ohne eine zusätzliche kostenintensive und qualitativ redundante Zertifizierung (in Form der AZAV-Zertifizierung).

 

Ausbildungszugang und die Zulassung an Pflegeschulen für interessierte Pflege-Auszubildende aus dem Ausland zu vereinfachen

Der Zugang für ausbildungsinteressierte Personen aus dem Ausland wird an zwei Punkten erschwert: Die Visum-Vergabe und die Anerkennung des Schulabschlusses. Häufig dauert es mehrere Monate, einen Termin in der deutschen Botschaft zu erhalten. Damit ist der Ausbildungsbeginn verpasst.

Mit Informationsschreiben vom 17.06.2024 wurde den Pflegeschulen ein Verfahren vorgestellt, mit dem eine kurzfristige Vorab-Anerkennung von Schulabschlüssen von Bewerberinnen und Bewerbern aus dem Ausland seitens der Bezirksregierung Köln möglich ist. Dies erleichtert ausländischen Interessierten den Zugang zur Ausbildung. Die Wirksamkeit des Verfahrens kann zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht beurteilt werden.

Forderung:

  • Die Landesregierung sollte sich auf Bundesebene dafür einsetzen, dass die Verfahren in den Botschaften vereinfacht werden.

 

Sicherung der Investitionskosten der Pflegeschulen

Die aktuelle Förderrichtlinie endet am 31.12.2024 und sichert in der Regel nur 30-50 Prozent der tatsächlichen Kosten. Diese Förderung ist bei weitem nicht auskömmlich. Dazu kommen massive bekannte Kostensteigerungen, die sich wie zusätzliche und weitere Kürzungen auf das zur Verfügung stehende Budget der Pflegeschulen auswirken.

Forderung:

  • Auskömmliche, haushaltsunabhängige und dauerhafte Finanzierung der Investitionskosten ab 01.01.2025

 

Verlängerung der Übergangsregelung zu den Anforderungen an Lehrkräfte

Wir unterstützen die Forderung nach der Verlängerung der Übergangsregelung zu den Anforderungen an Lehrkräfte. Der „Bericht über die Evaluierung einer Verordnung aus dem Geschäftsbereich des Ministers für Arbeit, Gesundheit und Soziales - § 2 Satz 1 der Verordnung zur Durchführung des Pflegeberufegesetzes in Nordrhein-Westfalen (Durchführungsverordnung Pflegeberufegesetz - DVO-PfIBG NRW)" kommt zu dem Ergebnis, dass die in § 2 Satz 1 DVO-PfIBG NRW getroffene Regelung aus fachlicher Sicht weiterhin erforderlich ist und dass das Verhältnis von einer Lehrkraft in Vollzeit auf 25 Ausbildungsplätze dabei auch unter dem Gesichtspunkt der Ausbildungsqualität vertretbar sei. Aufgrund des akuten Mangel an Lehrpersonal ist eine Verlängerung der Frist über den 31.12.2025 hinaus somit unausweichlich, um auch weiterhin der Nachfrage nach Ausbildungskursen entsprechen zu können.

Forderungen:

  • Die bestehende Regelung muss bis zum 31.12.2029 verlängert werden, um die Sicherstellung der Lehrkraft-Lernenden-Relation zu gewährleisten.
  • Für die Personalplanung der Schulen muss die notwendige Veränderung noch in diesem Jahr erfolgen und kommuniziert werden.

 

Anerkennungsverfahren von Abschlüssen aus Drittstaaten

Der Forderung nach Vereinfachung der Anerkennungsverfahren für Abschlüsse aus Drittstaaten, um Ausbildung und die Einstellung von Pflegekräften zu beschleunigen, schließen wir uns an.

Forderung:

  • Möglichkeiten des begleitenden Arbeitseinsatzes während des Anerkennungsverfahrens

 

Erweiterung des Unterstützungsangebotes

Seit Jahren werden zur Absicherung der pflegerischen Versorgung sowohl die Rekrutierung ausländischer Bewerbungen als auch die Verbesserung der Durchlässigkeit hinsichtlich der Bildungsabschlüsse als wichtige Komponente politisch gefordert. Der tatsächliche finanzielle Aufwand für diese Unterstützungsangebote wird bei weitem nicht abgedeckt, da der Bedarf nicht nur in Einzelfällen besteht, sondern von vielen Auszubildenden benötigt wird. Die LAG FW unterstreicht die Wichtigkeit, das Schulangebot um weitere Unterstützungsangebote wie Sprachkurse, Digitalisierung, Sicherung des Lebensunterhalts zu erweitern. Eine nachhaltige Wirkung ist jedoch von einer langfristig gesicherten Finanzierung abhängig. Wir benötigen Angebote für Beratung und Mentoring, um ausländischen Pflegekräften zu helfen, sich in der neuen Arbeitswelt und einem fremden Land mit vielen bürokratischen Hürden zurechtfinden.

Forderung:

  • Langfristig gesicherte Finanzierung zur Schaffung weiterer Unterstützungsangebote in Pflegeschulen

 

Ausbau von Externenprüfungen

Eine Voraussetzung für den Ausbau von Externenprüfungen ist eine auskömmliche Refinanzierung. Notwendig durchzuführende Vorbereitungskurse belasten die Träger der praktischen Ausbildung. Diese zusätzlichen Kosten werden nicht anerkannt.

Derzeit ist die Zahl der Externenprüfungen dadurch begrenzt, dass diese nur zusammen mit einem regulären Pflegefachassistenz-Kurs durchgeführt werden können. Es sollte den Pflegeschulen ermöglicht werden, Gruppen von Externenprüflingen auch unabhängig von ihren bestehenden Kursen zu prüfen.

Forderung:

  • Zulassung von Externenprüflingen (zeitlich unabhängig von den regulären Kursen) an Pflegeschulen, die Pflegefachassistenten ausbilden

 

Entwicklung einer Digitalisierungs- und Innovationsinitiative Pflege

Aus dem Antrag: „Die Herausforderungen der Pflege werden wir nur lösen, wenn wir eine Digitalisierungs- und Innovationsinitiative in der Pflege starten. [...] Hierfür müssen die entsprechenden Rahmenbedingungen geschaffen werden." Zur Schaffung von gelingenden Rahmenbedingungen zählt insbesondere die vollständige Refinanzierung der zu entwickelnden Strukturen. Die Förderung nach § 8 Abs. (8) beinhaltet einen Zuschuss zur Förderung digitaler Anwendungen. Einen Teil der Kosten müssen die Einrichtungen selbst aufbringen, er wird weder über die Investitionskosten noch über die Sachkosten abgedeckt.

 

Vermittlung digitaler Kompetenzen stärker in der Ausbildung abbilden

Mit Artikel 2 des Pflegestudiumstärkungsgesetzes (Pf|StudStG) wurde die Vermittlung von digitalen Kompetenzen in das in § 5 Pflegeberufegesetz (Pf|BG) aufgeführte Ausbildungsziel aufgenommen.

Mit dem Digitalpakt für Schulen hatten auch Pflegeschulen die Möglichkeit, ihre digitale Infrastruktur zu modernisieren und auszubauen. Dieses Angebot wurde von vielen Pflegeschulen genutzt. Die daraus resultierenden Folgekosten (Wartung, Lizenzgebühren, Schulungen der Mitarbeitenden, Kosten für fachkundige IT-Beauftragte) sind jedoch im derzeitigen Ausbildungsbudget nicht abgebildet. Diese Kosten sind in zukünftigen Verhandlungen für die Ausbildungspauschalen zur berücksichtigen.

 

Berücksichtigung einer geringeren Belegungsquote in Vergütungsverhandlungen

Grundsätzlich begrüßen wir die Möglichkeit einer angemessenen Berücksichtigung einer geringeren Belegungsquote bei Vergütungsverhandlungen mit den Pflegekassen. Bei den zurzeit geltenden Finanzierungsbedingungen in der Pflegeversicherung sei jedoch darauf hingewiesen, dass eine Absenkung der Belegungsquote bei den Entgeltverhandlungen zu höheren Tagessätzen der jeweiligen Angebote führen und dadurch die Eigenanteile der Nutzenden erhöhen. Im Bereich der Tagespflege bedeutet dies, dass Pflegebedürftige aufgrund der Erhöhung des vom Gast zu tragendenden Eigenanteils das Angebot der Tagespflege weniger in Anspruch nehmen. Der Besuch der Tagespflege dient jedoch der Sicherung der häuslichen Versorgung, indem (berufstätige) pflegende Angehörige entlastet werden. Zudem führt eine Reduzierung der Besuchstage der Gäste zu wieder zu einem Rückgang der Auslastung der Tagespflegen.
 

Die Auslastungssituation in der vollstationären Pflege hat sich in den vergangenen Jahren verschlechtert. Nach einer statistischen Analyse der Leistungserbringer in Nordrhein-Westfalen liegt die durchschnittliche Auslastung bei etwa 95 Prozent im vollstationären Bereich. Eine vorgegebene Kalkulation auf der Basis einer durchschnittlichen Auslastung von 98 Prozent belastet dementsprechend die Einrichtungen. Aktuelle Rückmeldungen von Einrichtungsträgern bestätigen diese Entwicklung und den damit verbundenen Handlungsbedarf. Sofern belastbar eine Ist-Belegung unterhalb der 98 Prozent nachgewiesen werden kann, bedarf es einer Konsequenz in den Vergütungsverhandlungen, die auskömmlich kalkulierte Kostenbudgets ermöglicht, ohne dabei die Anforderung einer wirtschaftlichen Auslastungsquote aus dem Blick zu verlieren. Denn es wird nicht verkannt, dass eine Kalkulation mit niedrigen Auslastungsquoten zur Folge hat, dass der einrichtungseinheitliche Eigenanteil weiter ansteigt. Insofern sprechen wir uns für eine Flexibilisierung der kalkulatorischen Auslastungsquote anhand der tatsächlichen Auslastungsquote aus den Vorjahren aus.

Forderung:

  • Flexibilisierung der kalkulatorischen Auslastungsquote anhand der tatsächlichen Auslastungsquoten aus den Vorjahren.

Harmonisierung der Prüfungen des Medizinischen Dienstes (MD) und der kommunalen WTG-Behörden

Die LAG FW fordert seit vielen Jahren, bürokratische Auflagen zu reduzieren. Das Pflegepersonal ist stark in die Prüfungsverfahren gebunden und fehlt dadurch für die Versorgung der Pflegebedürftigen. Eine Abstimmung zwischen den Qualitätsprüfungen des MDs und der Heimaufsicht sollte erfolgen, um nur absolut notwendige Zeitressourcen des Pflegepersonals zu binden.

Forderung:

  • Ein aufeinander abgestimmter Prüfungsprozess des Medizinischen Dienstes und der Heimaufsicht


Stärkung der häuslichen Pflege

Die ambulante pflegerische Versorgung stellt das Rückgrat der pflegerischen Gesamtversorgung dar. Die LAG FW unterstützt das Ziel, den Rahmen für eine selbstbestimmte Versorgung pflegebedürftiger Menschen im häuslichen Umfeld auszubauen und diesen mit innovativen Versorgungsstrukturen weiterzuentwickeln.

Zur Stärkung der häuslichen Pflege ist neben der ambulanten Pflege insbesondere die Tagespflege als wichtiges Versorgungsangebot in den Blick zu nehmen. Die Tagespflege ermöglicht es erwerbstätigen pflegenden Angehörigen, weiterhin ihren Beruf nachzugehen, während den pflegebedürftigen Menschen der Verbleib in der Häuslichkeit ermöglicht wird. Dabei ist aus Sicht des Arbeitsmarktes zu beachten, dass durch die Berufstätigkeit pflegender Angehöriger das Arbeitskräftepotential erhalten bleibt. Ebenso ist die Berufstätigkeit für die pflegenden Angehörigen neben der Pflegearbeit ein wichtiger sozialer und psychischer Ausgleich, der zugleich durch Zahlungen in das Sozialversicherungssystem Altersarmut vorzubeugen vermag. Gleichzeitig stellt die Vereinbarkeit von Beruf und Pflege eine große Herausforderung dar, die oftmals mit hoher Belastung einhergeht. Versorgungsangebote wie die Tagespflege oder häusliche  Versorgungsangebote tragen entscheidend zur Unterstützung und Entlastung von (berufstätigen) pflegenden Angehörigen bei.

Insgesamt muss für die Stärkung der häuslichen Pflege das Leistungserbringerrecht flexibilisiert werden, sodass Anreize für die Entwicklung von Pflegeinnovationen geschaffen werden. Aktuell werden in der häuslichen Pflege ausschließlich fest definierte und zeitunabhängige Verrichtungen vergütet. Zur Flexibilisierung sollten gesetzliche Experimentierräume geschaffen werden, mit denen ggf. auch zeitlich begrenzt sektorenübergreifende Versorgungsmodelle entstehen können.

Vor allem gilt es, präventive und rehabilitative Angebote auszubauen, mit denen die Pflegeprävalenz angesichts des demografischen Wandels verringert werden kann. Die im System vorhandenen Mittel müssen viel mehr dafür eingesetzt werden, Pflegebedürftigkeit vorzubeugen und das Selbstpflegepotential zu fördern.

Die Gestaltung von Live-In-Betreuung ist ein komplexes Thema, zu dem sowohl finanzielle, soziale als auch rechtliche Aspekte beleuchtet werden müssen, die auf Bundesebene einheitlich geregelt werden sollten. Dabei ist klarzustellen, dass Live-In-Betreuung NICHT „24-Stunden-Betreuung" bedeutet. Unter arbeits- und sozialrechtlichen Bedingungen werden für eine pflegebedürftige Person mindestens 5-6 Vollzeitkräfte benötigt. Die Einbindung von Live-In-Betreuung sollte durch einen Pflegedienst koordiniert werden, da im Regelfall ergänzende ambulante und teilstationäre Angebote notwendig.

In Zeiten knapper wirtschaftlicher Ressourcen und zunehmenden Personalmangels werden in diesem Bereich oftmals geltende Qualitätsstandards unterlaufen, deshalb sollten bestehende Strukturen stabilisiert werden, um die Versorgung einer großen Anzahl an Pflegebedürftigen unabhängig vom finanziellen Hintergrund zu sichern. In Gesundheitssystemen, in denen Live-In Konzepte offensiv gefördert wurden, kam es zu nachhaltigen und überproportionalen Kostensteigerungen.

Darüber hinaus benötigen Pflegebedürftige eine deutliche Steigerung des Sachleistungsbudgets. Die aktuelle Steigerung um 5 Prozent zum 01.01.2024 entspricht der Kostenentwicklung in der Tariflandschaft bei weitem nicht mehr. Die Pflegebedürftigen sind mit den gestiegenen Kosten weitgehend sich selbst überlassen. Insbesondere für den Bereich der Tagespflege ist die letzte Anhebung der Sachleistungsbeträge zum 01.01.2017 erfolgt. Die mit dem Pflegeunterstützungs- und Entlastungsgesetz eingeführte Dynamisierung in den Jahren 2025 und 2028 nur anhand der Kerninflationsrate, wird die Entwertung der Kaufkraft für Pflegeleistungen nicht lösen. Diurch den Bezug auf die Kerninflationsrate bleiben die Preistreiber Energiekosten und Lebensmittel unberücksichtigt. Eine Finanzierung dieser Lösung über die gesetzliche Pflegeversicherung lehnen wir daher ab.

   Forderungen:

  • Auskömmliche Refinanzierung der Pflegedienste
  • Regelhafte und verpflichtende jährliche Steigerung der Leistungen der Pflegeversicherung an den tatsächlichen Kostensteigerungen
  • Angleichung der Sachleistungsbeträge für die Tagespflege an die Sachleistungsbeträge für die ambulante Pflege, wobei je ein eigenes Budget aufrechterhalten bleibt. Getrennte Budgets für die ambulante Pflege und die Tagespflege stärken beide Bereiche gleichermaßen und verhindern eine Unterversorgung in einem Bereich.
  • Finanzierung des Eigenanteils sder Tagespflegegäste für den Bereich Unterkunft und  Verpflegung über das Sachleistungsbudget der Tagespflege, um den Eigenanteil zu senken.
  • Erhöhung des flexibel einsetzbaren Entlastungsbetrags.
  • ?Schaffung eines gesetzlichen Experimentierrahmens für die Entwicklung von innovativen Versorgungsansätzen, die insbesondere die Etablierung von sektorenübergreifenden Versorgungsformen sowie präventiven und rehabilitativen Ansätze forcieren.
  • Einhaltung der Qualitäts- und arbeitsrechtlichen Standards auch für Live-In- Betreuung
  • Ausbau einer niedrigschwelligen Beratungsinfrastruktur für Pflegebedürftige

Die frühzeitige und aktive Beteiligung der LAG FW halten wir für unerlässlich, um insbesondere langfristig wirtschaftlich tragfähige und faire Lösungen zu schaffen.

Zusätzliche Forderungen im Hinblick auf die Sicherstellung der Ausbildung sowie der pflegerischen Kapazitäten:

  • Forderung, die Bearbeitung und Erteilung von Aufenthalts- und Arbeitsgenehmigungen für Menschen aus Drittstaaten bei Arbeitsplatz- und/oder Wohnortwechsel zu beschleunigen.
  • Forderung, die niedrigschwelligen Regelungen der Anerkennungs-Förderungsverordnung (AnFöVO) im Hinblick auf die Voraussetzungen zur Nutzung des Entlastungsbetrages bei der Nachbarschaftshilfe fortzuführen.
  • Forderung, eine strukturelle Regelförderung für Kurzzeit-, Nacht- und Tagespflegeplätze einzuführen, die den besonderen Aufwand dieser Versorgungsformen berücksichtigt.
  • Forderung, sich auf Bundesebene für die Einführung eines sektorenübergreifenden Pflegebudgets einzusetzen, um die Finanzierung der ambulanten und stationären Pflege zu harmonisieren.