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Arbeitsgemeinschaft der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege des Landes Nordrhein-Westfalen e. V. | Detail

Stellungnahme der Arbeitsgemeinschaft der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege NRW zum aktuellen Stand der Ausbildung Kinderpflege in der praxisintegrierten Form (PiA).

Mit Beginn des Schuljahres 2021/2022 hat das Ministerium für Schule und Bildung NRW die Möglichkeit eröffnet, die bis dahin rein vollzeitschulische Ausbildung zur Kinderpfleger:in auchin praxisintegrierter Form anzubieten¹. Blaupause für diese Ausbildungsform war die erfolgreiche Einführung der Ausbildung zum/zur Erzieher:in in praxisintegrierter Form seit 2014. Für die Kitaträger standen Mittel des Europäischen Sozialfonds zur Verfügung, um vergütete Ausbildungsplätze Kinderpflege PiA zur Verfügung zu stellen. Über diese Mittel konnten die zusätzlichen Personalkosten zum Großteil abgedeckt werden.²

Parallel hierzu ermöglicht das MKJFGFI die Anrechenbarkeit von Kinderpfleger*innen auf Mindestpersonalstunden in allen drei Gruppenformen unter bestimmten Voraussetzungen (vgl. § 2 Abs. (3) 2 sowie § 10 Abs. (5), Personalverordnung).³ Aufgrund dieser Entwicklungen stieg die Zahl der Bewerber:innen für die praxisintegrierte Form der Kinderpflegeausbildung kontinuierlich an, ebenso die Zahl der Berufskollegs, die diese Ausbildungsform anbieten.

Mit Auslaufen der Förderung über den ESF hat das Land NRW zum Schuljahr 2023/24 eine finanzielle Förderung für 900 Ausbildungsplätze zur Verfügung gestellt. Pro Ausbildungsplatz belief sich die Förderung auf 11.900.- Euro. Die Summe dieser Förderung war gegenüber den vorherigen Programmen um mehr als die Hälfte geringer. Bei Gesamtkosten von ca. 24.000 EUR für die zweijährige Ausbildung mussten Kitaträger ca. die Hälfte der Kosten aus Eigenmitteln bestreiten. Auf Grund der immensen Kostensteigerungen im Personal- und Energiekostenbereich waren die Kitaträger zunehmend vor finanzielle Probleme gestellt, Ausbildungsplätze zur Kinderpflege PiA zur Verfügung zu stellen. Nach unserem Kenntnisstand gibt es keine Aussage zu einer weiterführenden Förderung ab dem Schuljahr 2024/2025, sodass wir vermuten, dass sich das Land aus einer zusätzlichen Finanzierung vergüteter Ausbildungsplätze zurückgezogen hat.

Aktuelle Situation:

Durch die hier dargestellte Entwicklung ist es zu einer paradoxen Situation gekommen. Das neue Ausbildungsformat Kinderpflege PiA hat zu einer erhöhten Nachfrage geführt, auch von Personengruppen, die sich vorher nicht vorstellen konnten, eine pädagogische Ausbildung zu beginnen. Exemplarisch anzuführen sind hier die Alltagshelferinnen, die über diese Tätigkeit in Berührung mit dem Arbeitsfeld Kindertagesstätten gekommen sind und sich dann für eine Ausbildung zum/zur Kinderpfleger:in interessierten.

Gleichzeitig gibt es aktuell viel zu wenig vergütete Ausbildungsplätze in Kindertagesstätten, da die Träger von Kindertagesstätten die Ausbildungskosten nicht stemmen können. Für das Schuljahr 2024/25 wird die Situation noch verschärft, wenn sich das Land aus der Finanzierung komplett zurückzieht. Einzelne Kommunen (z.B. Bielefeld) reagieren darauf und unterstützen die Kitaträger vor Ort, damit diese dann doch vergütete Ausbildungsplätze zur Verfügung stellen können.

Der Bildungsgang Kinderpflege ist an öffentlichen Berufskollegs zertifiziert nach AZAV, so dass Umschüler:innen bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen über die Agentur für Arbeit gefördert werden können. Allerdings kommen über diesen Weg nur einzelne Personen in die Ausbildung zum/zur Kinderpfleger:in.

Der Arbeitsausschuss Tageseinrichtungen für Kinder der Freien Wohlfahrtspflege NRW hat dazu bereits folgende, bisher unbeantwortete mündliche und schriftliche Anfrage an die Abteilung 3 des MKJFGFI gerichtet: „Gibt es neue Informationen zur Fortschreibung der ‚Richtlinie zur Förderung der praxisintegrierten Ausbildung Kinderpflege (PiA-K)‘? Die jetzige Richtlinie bezieht sich auf den Ausbildungszeitraum 8/2023 bis 7/2025.“

Empfehlung:

Für eine Verstetigung des Ausbildungsangebots Kinderpflege PiA bedarf es aus Sicht der LAG FW folgender Maßnahme:

- Die Träger von Kindertagesstätten benötigen (neben einer Vollfinanzierung für die Ausbildungsplätze zu Erzieher:innen und Heilerziehungspfleger:innen auch eine dauerhafte Vollfinanzierung für die Bereitstellung vergüteter praxisintegrierter Ausbildungsplätze Kinderpflege PiA

Diese Empfehlung sollte zeitnah umgesetzt werden, um die an der Ausbildung zur Kinderpfleger:in interessierten Bewerber:innen bedienen zu können und damit dem Personalmangel in den Einrichtungen wirksam entgegenzutreten.

Quellen

1

www.berufsbildung.nrw.de/cms/bildungsgaenge-bildungsplaene/berufsfachschule-anlage-b/materialien-handreichung/kinderpflege.html

2 Zur Erläuterung: Die Träger erhielten im ersten Förderprogramm (1.8.2021-31.7.2023 für 1500 Plätze) für die ersten 19 Monate eine Festbetragsfinanzierung von insgesamt 32.600,- Euro, der restlichen 4 Monate mussten die Träger selbst finanzieren. Im zweiten Förderprogramm (1.8.2022-31.7.2024 für 1000 Plätze) erhielten die Träger die ersten 8 Monate weiterhin esf-Mittel und anschließend in gleicher Höhe Landesmittel für 12 Monate. Die letzten 4 Monate mussten die Träger selbst finanzieren. Dieses Förderprogramm ergab die gleiche Summe des ersten Förderprogrammes.

3 vgl. https://www.kita.nrw.de/sites/default/files/documents/2023-01/persvo.pdf

4

www.nw.de/lokal/bielefeld/mitte/23821177_Viel-Geld-fuer-Bielefelder-Kitas-Stadt-sichert-Ausbildungsplaetze-und-kuendigt-Zahlung-an.html