Die Arbeitsgemeinschaft der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege NRW schließt sich der Stellungnahme der Bundesarbeitsgemeinschaft für Straffälligenhilfe (BAG-S) inhaltlich an und möchte diese durch folgende Ausführungen bestärken bzw. ergänzen:
Die Strafe ist der Freiheitsentzug, ansonsten soll das Leben im Vollzug den allgemeinen Lebensverhältnissen so weit wie möglich angepasst werden. Dieser Angleichungsgrundsatz gilt für alle Bereiche im Strafvollzug. Zudem unterliegt der Gesetzgeber – insbesondere auch zum Opferschutz - dem Resozialisierungsgebot. Eine regelmäßige und arbeitsmarktvergleichbare Beschäftigung mit angemessener Vergütung sind wesentliche Voraussetzungen für ausreichende Resozialisierungsperspektiven. Es geht um den Erhalt und die Förderung von Ressourcen, die nach Haft ein selbstständiges Leben in der Gesellschaft ohne Straffälligkeit ermöglichen. Finanziell gehört dazu neben der Möglichkeit zur Befriedigung persönlicher Bedürfnisse in Haft auch, Schulden zu begleichen, Geld zusätzlich als Starthilfe anzusparen und Angehörige im Rahmen von Unterhaltszahlungen zu unterstützen. Ob die geplante Erhöhung dieses Ziel erfüllt, ist fraglich. Inhaftierung ist ein Armutstreiber. Mit Blick auf Altersarmut ist es auch deshalb unerlässlich, Strafgefangenen und Sicherungsverwahrten in die gesetzliche Rentenversicherung einzubeziehen.
Wenngleich die Möglichkeit zu befürworten ist, die Ersatzfreiheitsstrafe noch nach Inhaftierung durch die Ableistung freier Arbeit zu verkürzen, wird hinsichtlich der „Day-by-Day“-Regelung darauf hingewiesen, dass es sich in der Regel um Verurteilte handelt, die mit Blick auf die Delikte nicht in den Vollzug gehören. Daher muss die gänzliche Haftvermeidung in Zusammenarbeit zwischen Staatsanwaltschaften und Fachstellen für gemeinnützige Arbeit weiterhin erste Priorität haben. Bei Zahlungsunfähigkeit dürfen Ratenzahlung und Umwandlung in freie Arbeit vor Inhaftierung durch die Erweiterungen in § 29 Abs. 5 nicht in den Hintergrund treten.
Der Gesetzentwurf versäumt angesichts der Forderung des Bundesverfassungsgerichts nach einem umfassenden Resozialisierungskonzept die Option, auch eine Grundlage für den wichtigen Übergang aus Haft im Rahmen eines geregelten Übergangmanagements zu schaffen und das 3-Säulen-Modell zu stärken. Der Vollzug bildet neben dem Allgemeinen Sozialdienst der Justiz und der Freien Straffälligenhilfe eine der drei Säulen zur Erfüllung des gesamtgesellschaftlichen Auftrags der Resozialisierung. In diesem Zusammenhang kritisiert die Arbeitsgemeinschaft der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege NRW abschließend die Stagnation im Prozess der Umsetzung des im Koalitionsvertrag vereinbarten Resozialisierungs- und Opferschutzgesetzes. Sie bietet weiterhin an, sich an diesem sowie am weiteren Gesetzgebungsverfahren zur Novellierung der Gefangenenvergütung analog zu den bereits mit der Justiz gemeinsam aufgebauten, funktionierenden Strukturen nutzbringend mit ihrer Expertise zu beteiligen.