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Arbeitsgemeinschaft der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege des Landes Nordrhein-Westfalen e. V. | Detail

Positionen zur Bekämpfung von Armut und Armutsfolgen in NRW im Kontext des Aktionsplans gegen Armut

Um den Aktionsplan gegen Armut des Landes mitzugestalten, wurden unterschiedliche Sozialverbände, Organisationen und Landesvertretungen bisher zweimal ins Ministerium eingeladen. Positiv wurde das Vorhaben des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen, einen Aktionsplan gegen Armut zu erarbeiten, aufgenommen.

Bislang müssen wir jedoch leider feststellen, dass seit der Auftaktveranstaltung im Dezember 2022 keine erkennbaren Handlungsschritte auf den Weg gebracht wurden, um Menschen in Armut in NRW zu unterstützen oder zu fördern. Vor dem Hintergrund, dass die Armut in den letzten Jahren und aktuell nochmals dramatisch zugenommen hat, müssen dringend, neben der inhaltlichen Arbeit, praxisorientierte und niedrigschwellige Maßnahme umgesetzt werden. Zudem liegen Ideen für Maßnahmen vor, die in der Umsetzung nicht zwangsläufig viel Geld kosten.

Damit eine erfolgreiche Armutsbekämpfung gelingt, muss in der Politik und der Gesellschaft ganz generell der Umgang mit Armut verändert werden. Aktuelle Debatten, beispielsweise um die Erhöhung des Bürgergeldes, werden zum Teil auf dem Rücken von Armutsbetroffenen ausgetragen. Menschen werden ohne Kenntnisse ihrer Situation abgewertet, Arbeitsunwilligkeit wird pauschalisiert und Armut individualisiert, ohne dass eine Auseinandersetzung über armutsfeste Sozialleistungen je erfolgte. Unser Papier möchte dazu ermutigen sachgerechte Diskussionen zu führen, die ein Ausspielen verschiedener Personengruppen bzw. einkommensschwache Haushaltevermeidet. Armut ist ein Querschnittsthema, dass sich durch alle Alters- und Zielgruppen zieht und dementsprechend auf mehreren Ebenen bekämpft werden muss.

Konkrete Lösungen stellen wir nachfolgend vor:

1. Armutsbegriff

  • Die Definition von Armut sowie die Berechnungen der Armutsrisikogrenze wird seit Jahren übereinstimmend in der EU angewandt und liefert die Grundlagen für vergleichende Analysen. Von daher ist von einer weiteren Debatte abzusehen.

2. Partizipation Armutsbetroffener

  • Stärkung der Partizipation von Armutsbetroffenen in politischen Prozessen und der Möglichkeit zur Vernetzung und zum Austausch untereinander
  • Entwicklung und Umsetzung eines Projektes zur „Stärkung der Selbstvertretung“
  • Flächendeckende Schaffung von Ombudsstellen bei Sozialämtern und Jobcentern, das vorhandene Beschwerdemanagement reicht nicht aus.
  • Klare Positionierung der Landesregierung gegen die Stigmatisierung von Armutsbetroffenen

3. Zugangs-(Hürden) zu bestehenden Leistungen

  • Erreichbarkeit von Ämtern und Behörden sowohl analog als auch digital barrierefrei sicherstellen
  • Initiierung eines Runden Tisches zum Thema „Zugänge zu Leistungen sichern“
  • Anträge in leichter Sprache anbieten

4. Wohnen

  • Vermeidung von Stromsperren
  • Vermeidung von Wohnungsräumungen und der Unterbringung von Familien in Sammelunterkünften
  • Umsetzung der bereits vorliegenden Konzepte zum Thema Wohnen auf Landes- und Bundesebene
  • Förderung von benachteiligten Quartieren unter besonderer Berücksichtigung von Klimawandel und Gesundheitsschutz

5. Mobilität

  • Bezahlbarer ÖPNV für alle
  • Ein Tarif für ganz NRW
  • Kostenlose Fahrten für Kinder und Jugendliche im Kontext von Kita- und Schulausflügen oder Bildungsprojekten

6. Arbeit

  • Passende Qualifikations- und Fortbildungsangebote für Langzeitarbeitslose und Arbeitssuchende schaffen
  • Stärkung der geförderten Beschäftigung
  • Alle Jobcenter in NRW müssen mit Reha- und Sozialberatungs-Teams besetzt werden, damit Reha-Bedarfe erkannt und gedeckt werden
  • Umsetzung eines echten Tariftreuegesetzes
  • Erfüllung der gesetzlichen Pflicht zur Ausbildung und Beschäftigung schwerbehinderter Menschen von öffentlichen und privaten Arbeitgebern
  • Integration von geflüchteten Menschen in Erwerbsarbeit zu den geltenden arbeitsrechtlichen Standards